Am Sonntag, den 15. Januar 2017, haben die Pauliner aus dem einzigen Paulinerkloster im Schwarzwald das Pauliner-Patrozinium zu Ehren des Heiligen Paulus des Ersten Einsiedlers, des Patriarchen der Pauliner, und „den Tag der offenen Tür im Kloster“ gefeiert.
Die Initiative, „Tag der offenen Tür im Kloster“, die wir zum ersten Mal vor drei Jahren angeboten haben, kam auch dieses Jahr sehr gut an, sodass über 300 Gäste an unserem Patronatsfest die Klosterräume trotz starker Schneefälle besucht haben.
Außerdem haben wir im Rahmen unseres Ordenshochfestes ein kleines Jubiläum „30. Jahre Pauliner in Todtmoos“ begangen. Zu diesem Anlass kam aus Freiburg unser Hauptgast und gleichzeitig Festprediger Erzbischof em. Dr. Robert Zollitsch, Confrater der Pauliner.
Es war kein Zufall, dass zu unserem Klosterjubiläum Erzbischof Zollitsch gekommen ist. Vor 30 Jahre, als Personalreferent des Erzbistums Freiburg, war er derjenige, der sich im Auftrag vom ehem. Erzbischof Oskar Sailer für uns in unseren schwierigen Anfängen in Todtmoos stark einsetzte. Er stand uns bei in dieser stürmischen Zeit und, wie er in seinem Schlusswort selber sagte, wir Pauliner aus Todtmoos seien ihm ans Herz gewachsen.
Allen, die an unserem Pauliner – Patrozinium anlässlich des Jubiläums „30 Jahre Pauliner in Todtmoos“ teilgenommen und unser Kloster an diesem für uns sehr wichtigen Tag haben, sagen wir ein herzliches „Vergelt´s Gott“.
Viele haben uns außerdem persönlich gratuliert, was uns sehr gefreut hat. Nach 30 Jahren fühlen wir uns in Todtmoos wie Zuhause und können mit Sicherheit sagen: Todtmoos ist uns ans Herz gewachsen. Deswegen wollen wir Gott, der Mutter Gottes Maria, Unserer Lieben Frau von Todtmoos, aber auch allen Wallfahrern und Mitglieder der Seelsorgeeiheit Todtmoos – Bernau, nach wie vor treu dienen und zusammen mit ihnen den Glaubensweg gehen. Darum beten wir jeden Tag, insbesondere während unserer täglichen Klostergebete.
Todtmooser Pauliner
P. David, P. Roman, P. Lukas und Br. Adam
30 Jahre Pauliner in Todtmoos
Fest des hl. Einsiedlers Paulus
15. Januar 2017
Lesung: 1 Kön 172-6; Gal 2,19-20;5,24-25; 6,14-17;
Evangelium: Mt 11, 25 –30
Liebe Confratres aus dem Paulinerorden,
werte Mitbrüder im priesterlichen Dienst,
liebe Festgäste,
Schwestern und Brüder in der Gemeinschaft des Glaubes!
Das Gymnasium, das ich besuchte und auf dem ich mein Abitur machte, trägt den Namen des großen Malers Matthias Grünewald. So faszinieren mich immer neu die großartigen Bilder dieses Meisters auf dem Isenheimer Altar drüben in Colmar. Dabei verweile ich stets lange vor dem erschütternden Bild der Kreuzigung Jesu, aber auch staunend vor der lichterfüllten Darstellung des Auferstehenden und vor dem symbolreichen Gemälde vom Besuch des Einsiedlers Antonius beim heiligen Einsiedler Paulus. Antonius, der gehört hatte, dass es neben ihm einen älteren und noch heiligmäßigeren Einsiedler gebe, machte sich durch die Wüste hindurch auf die Suche nach dem Einsiedler Paulus.
I.
Dass Antonius sich auf die Suche nach dem Einsiedler Paulus machte, erinnert mich an meine eigene Geschichte mit Ihnen, liebe Confratres aus dem Paulinerorden. Als ich als Direktor unseres Priesterseminars zum ersten Mal Krakau und Tschentochau besuchte, hatte ich den Auftrag vom damaligen Erzbischof Oskar Saier, mich in Tschenstochau nach einem Bruder Roman zu erkundigen, der ihn im Jahr zuvor durch das Kloster geführt hatte. Doch meine Suche nach Bruder Roman war ohne Erfolg. Ich erfuhr lediglich, dass er nicht in Tschenstochau, sondern in Deutschland sei. So weit, so gut! Doch als ich danach unsere Freiburger Studenten im Studienseminar in Lautershofen besuchte, wurde mir gesagt, dass ein Bruder Roman aus Polen nach mir gefragt hatte, weil ich aus Freiburg kam. So trafen sich zwei, die auf der Suche nach einander waren. Im Unterschied zu Paulus, der seinen Besucher Antonius lange vor seiner verschlossenen Höhle warten und anklopfen ließ, fanden wir gleich zueinander.
Im Unterschied zu den Heiligen Antonius und Paulus sind wir ja auch keine Einsiedler. Und auch die früheren Pauliner, die sich im 13. Jahrhundert in Ungarn unter dem Patronat des ersten Einsiedlers Paulus von Theben sammelten, blieben es nicht. Sie halten die Erinnerung an ihren Ordenspatron fest, wandern aber, wie eine alte Chronik festhält, „communes in peregrinatione per tempora“[1], pilgern gemeinsam durch die Jahrhunderte und lassen sich von Gott durch die Herausforderungen der Zeit ihre Aufgaben zeigen.
So sind denn die Pauliner mehr als hundert Jahre, nachdem in der Folge der Säkularisation die letzten Mitglieder ihres Ordens den Schwarzwald verlassen mussten, auf ihrer Pilgerschaft wieder zu uns zurückgekehrt: zunächst nach Dauchingen und vor dreißig Jahren hierher nach Todtmoos. Dies nicht als Einsiedler, sondern als Seelsorger; dennoch geprägt von dem Wahlspruch ihres Ordens: „Solus cum Deo solo“ – Allein mit Gott allein. Denn Gott ist es, der Menschen fasziniert, die in einen Orden eintreten: Gott und Gott allein, die Frage nach Gott ist die große Frage unserer Zeit. Und der Wahlspruch der Pauliner ist Herausforderung und Wegweisung gerade für heute.
II.
Der aus Freiburg stammende frühere Bischof von Aachen, Klaus Hemmerle, berichtet, dass nur wenige Fragen ihn so tief getroffen haben wie jenige, die einer seiner Mitbrüder ihm stellte: „Was tun Sie konkret deswegen anders, weil Sie an Jesus Christus glauben?“[2] Nun, eine jede und ein jeder von uns könnte darauf verschiedene Antworten geben. Wir wären gar nicht hier im Gottesdienst, wenn wir nicht an Jesus glauben würden. Und – Gott sei Dank! – ist so vieles in unserem Leben und in unserem Alltag davon geprägt, dass wir Christen sind. Doch für uns Priester hier und für unsere Ordensleute geht die Frage weit tiefer. Dass wir an Jesus Christus glauben und seinem Ruf gefolgt sind, bestimmt ganz und gar unser Leben und unser Arbeiten. Priester sein, Mönch sein hat zentral mit Jesus Christus zu tun. Der Priester, der Mönch ist einer, der Jesus Christus so tief begegnet ist, dass es sich für ihn „lohnt“, von diesem Jesus Christus her und für ihn da zu sein; ihn zu bezeugen, um seinetwillen anders bei Gott und bei den Menschen zu sein.
Das ist die große Erfahrung und leuchtende Botschaft des heiligen Paulus von Theben: In der Christenverfolgung flieht er in die Wüste, um sein Leben zu retten. Und entdeckt in der Einsamkeit und Stille der Wüste, dass Gott ihn total fasziniert und er nur noch für ihn leben will. Dabei erfährt er, der sich ganz auf Gott eingelassen hat, dass Gott auch für ihn sorgt. Die Quelle in seiner Höhle und die Palme am Felsspalt geben ihm Nahrung und Kleidung. Ein Rabe bringt ihm, wie beim Propheten Elia, Tag für Tag ein halbes Brot. Hier geht es nicht einfach um fromme Legenden, sondern um die Herausforderung an uns, an Sie und mich: Wer ist Gott für mich?
Und für uns Priester und Ordensleute lautet die Botschaft: Gott, Jesus Christus, ist eine derartige Realität für mich, dass ich alles auf eine Karte, auf Gott, setze und für ihn lebe und arbeite: als sein Bote, sein Zeuge, sein Knecht. Schon dazu brauchen wir, braucht unsere Kirche, braucht unsere Welt Priester, brauchen wir Ordensleute; ja, brauchen wir Menschen, die uns an Gott erinnern und so den Himmel für uns alle offen halten.
III.
Es kommt auf Beides an: Zum einen, dass wir selber im Glauben an Gott das Fundament und Ziel unseres Lebens gefunden haben, und dass wir zum andern davon Zeugnis geben, die anderen an dem, woraus und wofür wir leben, teilhaben lassen. So blieben denn auch die Einsiedler, die sich vor 650 Jahren in Ungarn unter dem Patronat des heiligen Einsiedlers Paulus zusammenschlossen, nicht für sich allein. Sie gingen zu den Menschen und gründeten Klöster – über 40 allein bei uns hier in Südwestdeutschland. Sie erlebten aber auch das Auf und Ab auf ihrer Wanderung durch die Zeit und die Jahrhunderte. So blieben schließlich im 19. Jahrhundert nur noch zwei Paulinerklöster übrig, darunter Tschenstochau mit der Wallfahrt zur Schwarzen Madonna auf dem Jasna Góra, dem Weißen Berg. Und heute gibt es Paulinerniederlassungen nicht nur in Polen und Deutschland, sondern ebenso in der Ukraine, der Slowakei, in Ungarn und Kroatien bis in die USA und Australien.
Der tiefere Grund dafür liegt offensichtlich daran, dass unsere Pauliner sich auf ihrem Pilgerweg durch die Zeiten und Jahrhunderte von Gott führen und von ihm den Weg weisen ließen. Und sie ließen und lassen sich den Weg weisen durch die Gottesmutter, von deren Heiligtum in Tschenstochau der Neuaufbruch ausging, der unsere Patres vor 30 Jahren auch hierher nach Todtmoos führte. Ja, Maria führt zum Leben.
IV.
Ist dies nicht auch die Erfahrung von Todtmoos? Aus dem „Toten Moos“, aus dem, wie es hieß, Nebel und giftige Dämpfe wallten, wurde durch die Initiative Mariens und den Bau der Kapelle und Kirche zu ihren Ehren eine Gnadenstätte im Wald und ein Rodungs- und Lebensort für Ansiedler. Und das Gnadenbild der in Schmerz versunkenen Pietà zieht die Menschen an. Die Mutter, mit dem Leib des toten Jesus auf ihrem Schoß, leidet nicht nur mit ihrem Sohn. Das Gnadenbild der Schwarzen Madonna in Tschenstochau wurde selbst verletzt und zeigt drei Einkerbungen auf ihrer Wange. Und auch unser Gnadenbild in Todtmoos ist verletzt, schwer beschädigt durch einen Brand. Maria ist verwundet und trägt unsere Wunden. So wissen sich Generationen von Pilgern von ihr verstanden und bei ihr aufgehoben. Auch wenn Todtmoos sich mit Tschenstochau angesichts der Ströme von den dortigen Millionen von Pilgern nicht vergleichen lässt, so trugen auch durch die Jahrhunderte unzählige Wallfahrer trostsuchend ihre Sorgen, Nöte und Anliegen vor unsere Pietà der mit uns leidenden Muttergottes und erfuhren Hilfe. Und wir erleben auch unseren Wallfahrtsort Todtmoos, wenn wir vom Tal zu unserer Kirche hinaufsteigen, als Sacro Monte, wie die Italiener sagen, gleich Tschenstochau als Heiligen Berg, der einlädt, bei der Gottesmutter zu verweilen und uns von ihr zu ihrem Sohn, zu Gott führen zu lassen.
Denn so hat es Gott gewollt und eingerichtet, dass wir durch Maria seine mütterliche Zuwendung und Geborgenheit in seiner barmherzigen Liebe erfahren. So führt uns denn Gott zu Maria, der Mutter des göttlichen Erbarmens, wie der heilige Papst Johannes Paul sie nennt, zur Mutter der Barmherzigkeit. Denn durch ihre „verborgene und zugleich einzigartige Teilnahme an der messianischen Aufgabe ihres Sohnes (ist sie) ganz besonders dazu berufen, den Menschen die Liebe nahezubringen, die zu offenbaren (Jesus) gekommen ist.“[3] In Maria „und durch sie“, so der Papst, „offenbart sich die erbarmende Liebe weiterhin in der Geschichte der Kirche und der Menschheit.“ Denn ihr mütterliches Herz hat „die besondere Empfindsamkeit und die Fähigkeit, alle Menschen zu erreichen, welche die erbarmende Liebe von Seiten einer Mutter annehmen.“[4]
Maria ist ja als Mutter Jesu, als Mutter der fleischgewordenen Barmherzigkeit, nicht nur Bild und Abglanz der göttlichen Barmherzigkeit. Denn Gott hat sie uns zur Mutter bestellt, hat ihr ein mütterliches Herz und mütterliche Augen gegeben, um seine Zuwendung und Liebe anschaulich und menschennah an uns weiterzugeben.
Das ist auch die Erfahrung der Pilger, die zur Schwarzen Madonna in Tschenstochau, die zur Gottesmutter hierher nach Todtmoos aufbrechen. Die Menschen dabei zu begleiten und ihnen zu helfen, sie die Barmherzigkeit und Hilfe Mariens erfahren zu lassen, ist eine der großen Aufgaben, die unseren Paulinern durch die Geschichte zugewachsen ist. Darum bin ich froh, glücklich und dankbar, dass unsere Pauliner hier in Todtmoos sind; und das nun schon seit dreißig Jahren! Hier finden Pilger Aufnahme und Hilfe; hier erfahren sie Geborgenheit im Haus Mariens; hier wissen sie sich verstanden und angenommen von der Mutter der Barmherzigkeit. Es ist ein nicht zu überschätzendes Geschenk Gottes, dass es solche Gnadenorte, solche Orte der Einkehr und Ermutigung, solche Geistliche Zentren in unserer Erzdiözese gibt.
Wir danken Gott, dass er unsere Paulinerpatres auf ihrer Pilgerschaft vor 30 Jahren hierher zu uns nach Todtmoos geführt hat. Für Ihre Liebe zur Gottesmutter und zu den Menschen und insbesondere zu den Wallfahrern, für Ihren täglichen Einsatz und Ihr stets tatkräftiges Engagement und auch stillen Dienst, liebe Confratres aus dem Paulinerorden, danke ich Ihnen von Herzen. Möge Gott Ihren Dienst mit seinem Segen begleiten und Ihnen noch viele Jahre am Heiligtum der Gottesmutter in Todtmoos schenken.
Erzbischof em. Dr. Robert Zollitsch
[1] Vgl. Elmar L. Kuhn, Die schwäbische Provinz des Paulinerordens in der frühen Neuzeit, 280
[2] Klaus Hemmerle, Berufen und verschenkt, München 2013,55
[3] Papst Johannes Paul II., Enzyklika „Dives in misericordia“, Nr. 9